Die meiste Zeit hieß es: Die Jungen lernen von den Alten. Doch spätestens die Digitalisierung hat dieses Vorgehen total auf den Kopf gestellt und Berufserfahrung bedeutet nicht mehr zwangsläufig das größte Know-how.
Dafür gibt es allerdings Abhilfe: Reverse Mentoring heißt das Modell, bei dem junge Mitarbeitende, sogenannte Digital Natives, aktiv den Ton angeben und ihren Kolleg:innen zeigen, was sie draufhaben. Der Perspektivwechsel verändert ganz praktisch, wie Mitarbeitende und auch Führungskräfte miteinander umgehen. Was nicht nur agileren Wissensaustausch, sondern auch das Miteinander auf Augenhöhe fördert.
Wenn man’s ernst meint. Also, worum geht’s hier eigentlich konkret?
Reverse Mentoring gedacht
Beim Reverse Mentoring wird die klassische Hierarchie einmal auf links gedreht: Die erfahrenen Kolleg:innen oder Führungskräfte werden zum Mentee, der junge Kollege oder die neue Mitarbeiterin zur Mentorin. So wird clever jede Wissensressource genutzt und gleichzeitig mehr Wertschätzung in dein Team integriert.
Es geht nicht um „Jung weiß alles besser“, sondern um das gezielte Einbringen von Kompetenzen, die oft in den oberen Etagen fehlen: Digitale Trends, Social Media, New Work, kulturelles Mindset, Wertewandel – kurz: alles, was die Arbeitswelt gerade so heftig durchrüttelt und für Zündstoff in der Mittagspause sorgt.
Dabei kennen wir alle die gängige Alternative; das klassische ein- bis zweitägige Coaching, das genau diese Wissensvermittlung verspricht und danach doch wieder schnell im „Das haben wir aber schon immer so gemacht!“- oder „Das klappt schon irgendwie.“-Sumpf verschwindet. Reverse Mentoring hingegen ist als langfristige Partnerschaft gedacht. Hier wächst etwas organisch und bleibt nicht nur auf einer Seite. Doch wo fängt man an?
Reverse Mentoring gemacht
Reverse Mentoring lebt, wie schon angedeutet, vom Perspektivwechsel sowie der Bereitschaft, sich darauf einzulassen. Erfahrene Kollegin:innen lernen von jemandem, der oft gerade erst in die Berufswelt eingestiegen ist. Was nicht bedeutet, dass die Erfahrung der letzten Jahrzehnte keinen Wert mehr besitzt. Ganz im Gegenteil: Die erworbenen Kenntnisse dienen heute nach wie vor als stabiles Fundament für den Arbeitsalltag. Gleichzeitig ist Wissen heute, durch die Digitalisierung und den damit einhergehenden Instantzugriff auf Informationen um einiges dynamischer geworden. Und so sollten es auch die Lernwege innerhalb eines Unternehmens werden, indem Wissen nicht mehr nur von oben nach unten fließt, sondern sich frei in alle Richtungen entfalten kann.
Im Idealfall entsteht dabei eine Verbindung, von welcher beide Seiten profitieren. Die Themen reichen von TikTok-Strategien bis Employer Branding, von digitaler Teamarbeit bis zu neuen Erwartungshaltungen an Führung und Flexibilität.
Wichtig dabei: Das ist kein nettes Teamevent, das schnell mal in die Mittagspause gequetscht wird, sondern ein echtes Arbeitsinstrument! Eines, das in Zeiten von bis zu fünf Generationen im Unternehmen immer relevanter wird.
Was braucht’s, damit das klappt?
So viel dürfte klar sein: Damit diese Art des Mentorings funktionieren kann, braucht es Struktur, Vertrauen und Klarheit.
- Es braucht ein gutes Tandemmatching, also Menschen, die einander respektieren (und bestenfalls auch ein bisschen mögen).
- Beide Seiten müssen wissen, worauf sie sich einlassen. Mit wem und wie lange, sowohl insgesamt als auch die Dauer des einzelnen Meetings.
- Der (menschliche) Rahmen muss stimmen: offene Kommunikation, klare Rollen, Bereitschaft zur Reflexion.
- Timing ist, wie so oft, das A und O. Legt feste Termine an, zu welchen Mentor und Mentee sich mit aufkommenden Fragen und deren Klärung beschäftigen.
Und wenn diese Punkte gut geplant verfolgt werden, dann kann Reverse Mentoring genau das auslösen, was man in Change-Workshops oft vergeblich sucht: ehrliche Impulse.
Reverse Mentoring genutzt
Und zum Schluss: Was bleibt? Junge Mitarbeitende übernehmen Verantwortung, zeigen Präsenz und wachsen über sich hinaus. Wer plötzlich als Expert:in wahrgenommen wird, entwickelt automatisch mehr Mut, eigene Ideen einzubringen, und bleibt im besten Fall länger im Unternehmen, weil er oder sie gesehen wird.
Führungskräfte sowie erfahrene Kolleg:innen dürfen (endlich) Fragen stellen, ohne Gesichtsverlust. So schafft Reverse Mentoring einen sicheren Raum, in dem es völlig okay ist, nicht alles zu wissen. Wer diesen Raum nutzt, stärkt nicht nur die eigene digitale Kompetenz, sondern auch die Fähigkeit zur Empathie.
Das Schönste daran: Der Austausch findet diskret und respektvoll statt. Niemand muss auf offener Bühne „zugeben“, dass er beim letzten Software-Update ausgestiegen ist oder überhaupt nicht weiß, was ein Reel ist.
Und dein Unternehmen? Zieht ganz nebenbei mit. Ein entspannteres Miteinander, weniger Generationencrashs, mehr frische Ideen – so bewegt sich plötzlich auch die Unternehmenskultur in die richtige Richtung. Kein Wunder, sondern oft genau das, was passiert, wenn Reverse Mentoring nicht nur nett klingt, sondern wirklich gelebt wird.
Kurz und knapp: zehn starke Argumente für Reverse Mentoring
- Digitalisierung vorantreiben: Wer nicht fragt, bleibt dumm. Wer Reverse Mentoring lebt, bleibt digital fit.
- Konflikte abbauen: Verständnis statt Vorurteile. Der Dialog entschärft viele unterschwellige Spannungen.
- Wissenslücken schließen: Besonders im digitalen Bereich entstehen sonst schnell gefährliche Lücken.
- Hierarchien abbauen: Wertschätzung auf Augenhöhe stärkt die Zusammenarbeit.
- Attraktivität steigern: Unternehmen mit offener Lernkultur wirken nach außen moderner und sind es oft auch.
- Kompetenz statt Lebenslauf: Was zählt, ist das, was du beitragen kannst. Nicht, wie lange du schon dabei bist.
- Generationen verbinden: Reverse Mentoring ist Brückenarbeit zwischen den Generationen.
- Kulturwandel ermöglichen: Nicht nur in theoretischen PowerPoints, sondern in echten Gesprächen.
- Zukunft gestalten: Lernen wird zur Haltung, nicht zur Maßnahme.
- Alle gewinnen: Weil jede:r in der eigenen Rolle wachsen darf.
Fazit: Wer Reverse spielt, gewinnt oft doppelt
Was man dabei allerdings nicht vergessen sollte: So charmant und wirkungsvoll Reverse Mentoring auch sein kann, es läuft definitiv nicht von allein. Damit der Rollenwechsel reibungslos funktioniert, braucht es vor allem eins: Commitment! Wenn klassische Hierarchien weiter unkommentiert mitlaufen, kann das den Austausch schnell ausbremsen.
Die Umsetzung? Auf den ersten Blick gar nicht so kompliziert; Zwei Menschen, die bereit sind zuzuhören. Ein klarer Rahmen. Und ein bisschen Mut, auch mal die Kontrolle abzugeben. Was dabei rauskommt? Mehr Verbindung. Mehr Offenheit. Und oft: ziemlich gute Ideen. Reverse Mentoring bringt frischen Wind in dein Unternehmen und hilft dabei, starre Strukturen zu hinterfragen, ohne gleich alles zu zerschlagen.
Du willst junge Talente, die nicht nur mitlaufen, sondern mitdenken? Melde dich gern bei uns!